Sonntag, 13. Januar 2013

Django unchained – Have you always been alone?

von Evelyne

Ein Western von Quentin Tarantino, in dem ein Sklave frei wird und sich zusammen mit einem Kopfgeldjäger auf die Mission begibt seine Frau Broomhilda (Kerry Washington) zu retten. Ein Abenteuer, das zeigt, wie Django (Jamie Foxx) wie einst Siegfried versucht seine Brünnhilde zu befreien.


Dr. Schulz und Django

Ein Film der sich in ein schwieriges Territorium begibt. Tarantino stellt das vor-Bürgerkriegs Amerika des Südens auf seine eigene Weise dar und wird genau dafür kritisiert. Auffallend ist die wiederholte Zurschaustellung des nackten schwarzen Körpers. So werden die Mandingo-Kämpfer gezeigt, verschlungen in einem gnadenlosen Kampf um Leben und Tod. (Der Mandingo-Sport ist nicht klar belegt, Tarantino bediente sich dieses Mythos für die Schlüsselhandlungen seines Films) Django hängt zu Ende nackt und kopfüber von der Decke und es gibt auch eine Szene in der er badet. Broomhilda wird nackt in einem Loch im Boden gezeigt und die Peitschenmale auf ihrem Rücken werden zur Schau gestellt. Es werden ausschliesslich schwarze Körper  so gezeigt. Sehr oft ist die Nacktheit verbunden mit Gewalt und Bestrafung. Diese Gewalt wird wiederholt vorgeführt und übersteigert.
Neben der Darstellung von Körpern wurde auch  die sehr häufige Verwendung des N-Wortes im Film kritisiert. Jelani Cobb meint im New Yorker gar „ Had the word appeared any more often it would have required billing as a co-star.“ An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass insbesondere die Bösewichte des Filmes sehr oft von dem Wort Gebrauch machen. So der Plantagenbesitzer Candie (für einmal richtig böse und mit schlechten Zähnen: Leonardo di Caprio) und sein Hauptsklave Stephen (Samuel L. Jackson), der in seiner Verachtung der eigenen Leute eine Reminiszenz an die Onkel Tom Figur darstellt. Djangos Begleiter Dr. King Schulz (Christoph Waltz) schreckt vor dem Gebrauch des Wortes zurück und Django benutzt es vor allem in seiner Darstellung eines Mandingo-Experten.  Die Bösewichte dieses Filmes werden fast ohne Sympathie und nicht als Anti-Helden dargestellt, sondern sind dafür da gehasst zu werden. Die zweischneidigen Figuren sind bei diesem Film die Helden Django Freeman und Dr. King Schulz.

The fastest gun in the west
Django ist ohne Frage ein Westernheld, wortkarg und cool, er wird als fastest gun in the west bezeichnet. Aber er scheint ohne Mitgefühl für das Schicksal der Sklaven zu sein und richtet kein einziges freundliches Wort an einen von ihnen (ausgenommen seine Frau Broomhilda). Krass erscheint die Szene in der er auf dem Weg nach Candies Farm reitend einem Sklaven von oben herab befiehlt ihn nicht anzusehen. Schulz bespricht sich daraufhin mit ihm und äussert sein Unwohlsein über Djangos Umgang mit den Sklaven. Django hingegen hat verstanden, dass er genau mit diesem Akt das Interesse und die Neugier von Candie geweckt hat. Die Herabsetzung der Sklaven gehört zu seinem Akt, das ihn seinem Ziel – der  Befreiung seiner Frau - näher bringt. Djangos Figur wirkt deshalb so stark, weil sie den anderen schwarzen Figuren des Filmes so krass entgegen steht. Keine/r der anderen zeigt auch nur einen Ansatz der Auflehnung gegen die Sklaverei. Django wird von den Schwarzen ebenso schief angeschaut wie von den Weissen. Er stellt ein Rätsel dar. Candie spricht an einer Stelle von dem Sklaven, der den einen unter Zehntausend darstellt, der besonders stark oder intelligent ist und deshalb mehr als ein Sklave sein kann. Er spricht erst über einen seiner Mandingo-Kämpfer und meint dann sofort erkannt zu haben, dass Django so einer unter zehntausend sei.
Django bezieht sich am Ende noch einmal auf diese Bemerkung Candies, bevor er Candyland endgültig dem Erdboden gleich macht. Er verkündet seinem Gegner Stephen, dass er der eine unter Zehntausend sei, der kühn genug sei jeden zu töten, der in seinem Weg zur Freiheit stehe. Diese Rede von dem Einen unter Zehntausend bedient sich der Trope der Sklaven, die sich nicht auflehnen und wehren und ist daher sehr problematisch. Ist Django tatsächlich so alleine in seiner Auflehnung? „Django have you always been alone?“ Wie es im Titelsong heisst.  Im Film scheint es so.
Stephen ist ein Charakter, der nicht nur die Auflehnung ablehnt, sondern die Sklaverei zudem aktiv unterstützt. Zu Beginn lernen wir ihn als eine Art Hofnarr kennen, der sich dagegen wehrt, dass Django als Schwarzer in einem Zimmer im Haupthaus schlafen und wie ein Gast behandelt werden soll.

Stephen streitet mit Mr. Candie
Doch hinter seinem spielerischen, übertriebenen und humoristisch hervorgebrachten Protest steckt grosses Gewaltpotential. Er spricht davon, die Bettlaken in denen Django geschlafen hat danach verbrennen zu müssen. Er ist es schliesslich auch, der Broomhilda und Django verrät und der auch nachdem sein Besitzer tot ist, die Ordnung aufrecht erhält. Sein Verhältnis zu Candie ist aber interessanterweise mit dem von Django und Dr. Schulz vergleichbar. Candie vertraut Stephen, wenn auch nur hinter verschlossenen Türen und folgt seinen Anweisungen.

Stephen durchschaut Broomhilda
So ist es schliesslich nicht der fiese Plantagenbesitzer Candie, der Djangos Endgegner darstellt, sondern Stephen, der sich mit Leib und Seele dem Sklaventum verschrieben hat. Während Candies Ableben der Anfang des Showdowns darstellt, ist der Tod Stephens sein Endpunkt. Gleichzeitig mit Cadie stirbt auch Dr. Schulz und Django ist von diesem Zeitpunkt an auf sich alleine gestellt. Seine wahre Befreiung hatte auf dem Weg nach Candyland begonnen, als er Schulz erklärte, dass er sehr wohl genau wisse wie er Candie um die Finger wickeln könne. Zu diesem Zeitpunkt hörte er auf zu fragen und zu zweifeln und seine Emanzipation von seinem weissen Begleiter Schulz begann. Nach dessen Tod ist er nun dazu bereit, seine Reise alleine fort zu setzen.
Nachdem er die Sklaven raus geschickt hat – mit Ausnahme von Stephen natürlich – macht er Candyland und seine Bewohner dem Erdboden gleich. In diesem Moment wird auch seine Frau Broomhilda, die zuvor eher still war und vor allem die Funktion hatte gerettet zu werden, handlungsfähig. Das Bild, wie sie sich graziös die Finger an die Ohren hält, bevor das Haus explodiert und wie sie anschliessend  das Gewehr in die Hand nimmt und mit Django davonreitet ist episch. Es zeigt, dass Django nun nicht mehr alleine ist in seinem Kampf um die Freiheit.
Es wäre wünschenswert, dass der Film dies noch klarer gemacht hätte, er konzentriert sich jedoch sehr stark auf die Figur des Django und dessen Stilisierung. Dies geschieht auf Kosten des subversiven Potentials der anderen Figuren.

Donnerstag, 10. Januar 2013

Lost in Austen : Knutschen mit Bingley und googeln mit Elizabeth Bennet

von Evelyne
Die Bennet-Girls
Es ist eine 4-teilige Miniserie, die Fans von Empirekleidern, höflichen Knicken und galanten Herren begeistern wird. Doch nicht nur die, denn Jane Austens Pride and Prejudice wird in Lost in Austen durch Amanda Price, die sich aus der Gegenwart dorthin verirrt ziemlich durcheinander gebracht. Sie stellt fest: „Hear that sound, George? Duh-uh-uh-uh! That's Jane Austen spinning in her grave like a cat in a tumble-dryer.”

Amanda Price lebt in London der Gegenwart und ist mit ihrem Leben ziemlich unzufrieden, sie sitzt am liebsten auf dem Sofa und liest schmachtend Pride and Prejudice. Da öffnet sich auf einmal eine Tür in ihrem Badezimmer und Elizabeth Bennet steht vor ihr. Die beiden tauschen mehr oder weniger freiwillig die Plätze und so findet sich Amanda plötzlich im 19. Jahrhundert wieder, in einem Buch das im 19. Jahrhundert spielt genauer gesagt.
Amanda trifft Elizabeth Bennet

Sie wird Teil der Geschichte und nichts läuft mehr so, wie es geschrieben steht. Betrunken von Punsch knutscht Amanda Mr. Bingley auf einem Ball, worauf sich dieser angesichts solch ungewöhnlicher Avancen in sie statt in Jane verliebt. Sie wird ihn erst mit der Behauptung wieder los, dass sie auf Frauen stehe. Amanda versucht alles, um die Geschichte wieder ins Lot zu bringen, verspricht gar den garstigen Mr. Collins zu heiraten, der sich gerne in seiner Hosentasche kratzt und dann intensiv an seinen Fingern riecht.

Bei Lost in Austen ist alles ein bisschen übertrieben, aber gerade diese Übertreibung ist grandios. Ein einzelner Mensch aus der Zukunft beeinflusst die ganze Geschichte und das Denken der Figuren. Sie beginnen sich nach einem aufregenderen Leben, das weniger limitiert ist zu sehnen. Wir erfahren auch so einiges über die Figuren, das wir noch nicht wussten. Caroline Bingley macht Amanda Avancen und outet sich als homosexuell. Der durchtriebene Wickham gibt sich zwar als Opportunist, ist jedoch grundanständig und seine Verfehlungen gegen Georgiana unwahr. Mr. Darcy ist durch den Blick einer Frau unserer Zeit noch unerträglicher und arroganter als je zuvor. Allerdings holt Amanda bald das Beste aus ihm raus, schickt ihn in Reminiszenz an Colin Firth in einem weissen Hemd ins Wasser und traut ihren Augen kaum: „I am having a bit of a strange post-modern moment here.“ Mr. Darcy: „Is that agreeable?“ Amanda Price: „Oh, yes. Yes.”

Is that agreeable?
Der phlegmatische Mr. Bennet (gespielt von Hugh Bonneville alias Robert Crawley) wird durch Amanda dazu gebracht endlich einmal zu handeln und sich für seine Familie zu interessieren und Mrs. Bennet und Jane sagen der gehässigen Lady Catherine de Bourgh endlich einmal gründlich die Meinung, als diese sich wieder einmal aufspielen und einmischen will. „I say this. You are a prig, Madam, a pander and a common bully. And you cheat at cards! Do you suppose you may enter my house and brandish your hat at me thus?“
So klingt Mrs. Bennet auf einmal wie Musik in den Ohren und nicht mehr wie die ewig nörgelnde Glucke, als die sie bei Austen erscheint.

Am Ende treffen sich Elizabeth und Amanda wieder im modernen London und machen sich auf zum Haus der Bennets, Liz bestellt und zahlt gleich ein Taxi übers Internet und gesteht, in der falschen Zeit geboren zu sein und sich hier sehr wohl zu fühlen.
Liz hat sich verändert
Am Ende beschliessen beide, nicht mehr in ihr altes Leben zurückzukehren. Amanda traut sich die Geschichte von Pride and Prejudice endgültig zu brechen und entscheidet sich für Darcy.
Elizabeth eröffnet ihrem Vater, dass sie wieder weggehen wird und befürchtet, dass ihre Mutter sehr wütend darüber sein wird. Der Vater meint dazu: “If you go your mother will never see you again but if you don’t then I will never see you again.” (Jane Austen Fans wird dieser Satz bekannt vorkommen.

In Lost in Austen werden aus den Bennet-Girls zwar keine Revoluzzerinnen, sie werden aber durch Amanda dazu gebracht die Werte der Zeit zu hinterfragen. Insbesondere die Männer sind von der seltsam gekleideten und sprechenden Frau verunsichert.
So empfehle ich die Miniserie jeder und jedem, die oder der Jane Austen Verfilmungen liebt, sich dabei jedoch nach mehr Leidenschaft und Sass sehnt.


We have been married nearly 200 years